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Bericht aus dem Maschinenraum #10

Krisenmanagement in einer Verwaltung ist nicht lediglich das Handeln weniger‚ einsamer Helden‘. Zugegebenermaßen ist die Wahrnehmung eine andere: Tag und Nacht im Einsatz für das Wohl unserer Stadt. Fast anekdotenhaft findet eine solche Sichtweise ihre Zuspitzung in einem Erlebnis beim raschen abendlichen Einkauf: „Herr Kromberg, dass Sie dafür noch Zeit haben!“, so die erstaunte, aber auch ein wenig vorwurfsvolle Ansprache einer mir unbekannten Bürgerin. Aber ich konnte meinen enttäuschten ‚Fan‘ beruhigen. Ja, es gibt die nach außen wahrnehmbaren Köpfe einer Krise, auf die sich die Hoffnungen vieler Menschen fokussieren. Aber – und ich sage bewusst: „Gott sei Dank“! – ist die Realität eine andere.

In den vergangenen Blog-Beiträgen habe ich einen rudimentären Überblick über die Organisation und die Prozesse des Essener Krisenmanagements gegeben. Getragen wird diese komplexe (Verwaltungs-)Maschinerie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Viele von diesen Menschen sind bis vor gut sechs Wochen einer unspektakulären Aufgabe nachgegangen, im Gesundheitsamt, bei der Feuerwehr oder sonst wo in einer Verwaltung mit fast 10.000 Beschäftigten und Beamten. Einige von ihnen kannte man, andere hat man am Tag der ersten Sitzung des ‚Lagezentrums Untere Gesundheitsbehörde‘ zum ersten Mal gesehen und kennengelernt.

Da ist zum Beispiel die Mikrobiologin aus dem Gesundheitsamt. Ein aus meiner konservativen Sicht flippiger Typ mit ihren Rastalocken und Tattoos; mitzuständig im Gesundheitsamt für das weite Feld des Infektionsschutzes. Ein Wirbelwind an Ideen und immer wieder neuen Vorschlägen, wie wir alles noch besser machen können. Aber auch ernsthaft und stringent in ihrer Vorgehensweise beim Aufbau des Proben- und Quarantänemanagements. Den Menschen zugewandt und verständnisvoll bei den hunderten von Anrufen und Begegnungen mit vom Coronavirus Betroffenen. Aber auch streng und manchmal zornig bei Schlampereien in der Umsetzung behördlicher Anordnungen. Und natürlich eine Expertin in ihrem Fachgebiet.

Da ist zum Beispiel der Feuerwehrmann. Ein drahtiger Typ, der auch schon einen Marathon in der Wüste Gobi gelaufen ist, wobei ich mir immer noch nicht sicher bin, was ich davon halten soll. Er leitet bei uns die Analytische Task Force Bio (ATP-Bio), eine Einheit die bundesweit eingesetzt werden kann, um die kommunalen Feuerwehren bei der Bewältigung von Gefahren durch biologische Stoffe zu unterstützen. Ein Mann ohne Furcht, aber doch großem Respekt vor der Verantwortung, auf die er sich jahrelang vorbereitet hat. Er verfügt über ein geradezu enzyklopädisches Wissen zu den Themen Viren, Bakterien etc. und ist daher ein Glücksfall in Zeiten einer Pandemie. Dazu beherrscht er natürlich auch die Strukturen des feuerwehrspezifischen Katastrophenmanagements, was uns sehr zügig hat handlungsfähig werden lassen. Und er ist ein Ausbund an guter Laune, was gerade in schwierigen Stunden – ja, die gibt es natürlich auch – ein Segen ist.

Und da sind zum Beispiel der Azubi oder die Mitarbeiterin aus dem Bürgeramt, die in den letzten Wochen tausende von Anrufen am Bürgertelefon geführt haben. Ich kenne ihre Namen nicht, habe sie nur flüchtig bei meinen Besuchen gesehen und ein paar kurze Sätze gewechselt. Sie konnten wir auf die Aufgabe nur ganz kurz vorbereiten, haben sie – im übertragenen Sinne – ins kalte Wasser geworfen. Und sie haben ihren Job gemacht, haben zugehört und mitgelitten, haben erklärt und argumentiert, haben täglich dazugelernt und haben auch manchmal die zugebrüllten Unverschämtheiten ertragen. Sie waren und sind das ‚Sprachrohr‘ und der ‚Kummerkasten‘ der Stadtverwaltung und sie haben – zu Recht – viel Lob für ihre Arbeit bekommen.

Die Beispiele sind naturgemäß nicht abschließend und auch spontan gewählt. Aber sie sollen eines zeigen: wir sind eine bunte – heute sagt man ‚diverse‘ – Mischung aus Experten, Allroundern, Improvisationskünstlern, Persönlichkeiten. Und diese Menschen sind das Fundament eines guten, professionellen und einfühlsamen Handelns in der Krise. Und daher braucht sich auch keine Bürgerinnen und kein Bürger Sorgen machen, wenn der Oberbürgermeister und die städtischen Dezernenten mal nicht im Rathaus sind. Denn auf die vielen ist Verlass.

Christian Kromberg, Beigeordneter der Stadt Essen




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