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Bericht aus dem Maschinenraum #14

Als ob ich es geahnt hätte. Es musste wieder hektisch werden. Am Mittwoch haben die Bundeskanzlerin und kurz darauf der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen in ausführlichen Statements erklärt, wie die ‚Lockerungsübungen‘ aussehen werden, um sich vorsichtig und vor allen Dingen sicher aus dem Shutdown ‚herauszutasten‘. Und nicht nur die Stadtverwaltung Essen hat vor dem Fernseher gesessen und zugehört, sondern die Livesendung dürfte ein Millionenpublikum gehabt haben.

Leider – und ich bedaure das sehr – stehen weder die Bundeskanzlerin noch der Ministerpräsident im Anschluss an die Sendung für Nachfragen zur Verfügung. Diese werden vielmehr an wen gerichtet? Richtig, an die Kommunen, also an diejenigen im Mehrebenensystem, die ganz unten in der Hierarchie staatlicher Institutionen stehen, deren Telefonnummern aber alle kennen: die IHK, der Einzelhandelsverband und auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer und Bürgerinnen und Bürger.

Denn natürlich werfen die (Neu-)Regelungen Fragen auf: Ab wieviel Personen ist eine Veranstaltung eine Großveranstaltung? Was ist mit den 800 qm Verkaufsfläche gemeint, die genehmigte oder die wirklich genutzte Fläche? Was erfordern die Hygienekonzepte für die Friseurbetriebe? Fragen über Fragen.

Das Dumme ist nur, dass wir auch nur die Statements gehört haben und – das will ich nicht leugnen – das ein oder andere Strategiepapier kennen, die in den letzten Wochen zwischen dem Bundeskanzleramt und den Staatskanzleien hin und her gewabert sind. Aber das hilft uns auch nicht weiter, denn die Verwaltungen der Städte und Kommunen können ja nicht irgendeine Antwort geben. Unsere Worte haben rechtliches Gewicht; Vermutungen, Spekulationen und ‚Märchen‘ sind nicht unser Ding. Die Menschen erwarten rechtssichere Antworten auf zum Teil existentielle Fragen. Und dazu bedarf es nun mal der neuen Coronaschutzverordnung, denn nur der Gesetzestext entfaltet Verbindlichkeit.

Und so mussten wir uns mal wieder in Geduld üben. Warten auf die neuen Regelungen. Es wurde Abend, es wurde Morgen, ein neuer Tag: Donnerstag. Immer auf der Suche nach der Veröffentlichung des Gesetzestextes auf den Internetseiten des Landes. Immer mal wieder beim Städtetag nachfragen, ob die schon was wüssten. Dann wieder Vertrösten der vielen Anruferinnen und Anrufer, die Auskunft begehren. Es wurde Abend, die letzte Recherche gegen Mitternacht in der vergeblichen Hoffnung, doch noch die ‚heißersehnte‘ Verordnung zu finden, endlich Antworten geben zu können. Es wurde Morgen! Die Krisenstabssitzung beginnt, der Oberbürgermeister fragt, ob wir endlich etwas aus Düsseldorf gehört hätten? Ein Kopfschütteln ist die kollektive Antwort.

Dann gegen 9:20 Uhr die ‚Erlösung‘. Die neue Coronaschutzverordnung ist online. Schnelles Überfliegen nach den gesuchten Antworten; aber wer jetzt glaubt, die Polemik endet hier, den muss ich enttäuschen. Denn schon einerster Blick zeigt, mit welch heißer Nadel der Gesetzestext gestrickt worden ist. So finden sich Verweise auf Absätze, die es aber gar nicht gibt, es werden Begriffe benutzt, die rechtlich definiert gehören, um anwendbar zu sein, es aber nicht sind,Widersprüchlichkeiten tun sich schon beim ersten Lesen auf. Auch diese Liste ließe sich fortsetzen.

Aber wir müssen Antworten geben. Denn am Montag tritt die Verordnung in Kraft, dann muss Klarheit herrschen, was erlaubt ist und was nicht, was sanktioniert wird und was nicht. Rumeiern geht da nicht mehr.

Also nächstes Treffen! Von 12:30 bis 14:00 Uhr Sitzung im Ratssaal; der Verordnungstext wird Paragraph für Paragraph durchgesprochen. Antworten werden erarbeitet, formuliert und zur Veröffentlichung freigegeben. Weiter bestehende Unklarheiten werden diskutiert und unmittelbar aus der Sitzung heraus telefonisch an den Städtetag NRW weitergereicht mit der Bitte, diese möglichst noch am Wochenende mit den Ministerien zu klären. Für die Zwischenzeit werden ‚Provisorien‘ festgelegt, um wenigstens nach außen sprachfähig zu sein. Nach gut zwei Stunden ist die Arbeit getan.

Und dann folgt die nächste Runde. Diesmal mit den Vertretern der IHK, des Einzelhandelsverbands, der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Essener Marketinggesellschaft, für die Stadt wichtige Multiplikatoren, die uns über das Wochenende helfen werden, die Kommunikation in den Einzelhandel zu unterstützen. Auch in dieser Sitzung wieder: erklären, diskutieren, Festlegungen treffen und – wo rechtlich möglich – auch verbindliche Absprachen vornehmen.

Dann ist es geschafft, geschafft? Wir haben jetzt Klarheit, wenigstens in groben Zügen!

Christian Kromberg, Beigeordneter der Stadt Essen




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