Bericht aus dem Maschinenraum #8
Die täglichen Facebook-Meldungen unseres Stadtdirektors und Gesundheitsdezernenten, Peter Renzel, zur aktuellen Lage in der Pandemie haben inzwischen Kultstatus. Für seine ‚Follower‘ sind die Updates wichtige Haltepunkte in unsicheren Zeiten; sie erfahren aus erster Hand wie die Lage in ihrer Stadt, Essen, ist. Mit einer Mischung aus sachlicher Information und symphytischer Empathie erreicht der Leiter des ‚Lagezentrums Untere Gesundheitsbehörde‘ die Menschen. Und seine kurzen informativen Texte sind ein unverzichtbarer Beitrag, um Vertrauen der Essener in die Krisenarbeit der Stadt zu schaffen und zu halten.
Längst schon beschränkt sich die Kommunikation im Krisen- und Katastrophenfall nicht mehr auf öffentliche Durchsagen seitens Feuerwehr und Ordnungsamt. Vielmehr wird zum einen eine intensive ‚Partnerschaft‘ mit den traditionellen Massenmedien gepflegt, um im Krisen- bzw. Katastrophenfall die Öffentlichkeit zeitnah über die Geschehnisse und das Handeln der Behörden in der Krise zu informieren. Zum anderen hat man sich (auch) in Essen von den traditionellen Medien ein Stück unabhängig gemacht, indem die ‚Neuen Medien‘ intensiv in der Kommunikationsarbeit eingesetzt werden. Über den städtischen Internetauftritt, Facebook und Twitter informiert das Presse- und Kommunikationsamt aus dem Krisenstab, dem ‚Lagezentrum Untere Gesundheitsbehörde‘ und weiteren Koordinierungszentren der Krisenbewältigung in kurzen Abständen die Öffentlichkeit über die aktuelle Situation und das Krisenmanagement der Stadt. Und die Zugriffe allein auf die Corona-Sonderseiten im städtischen Internet sprengen alles bisher Dagewesene; über 1 Mio. Clicks im Monat März zeigen den Wunsch nach ausführlicher Information und Interpretation durch die ‚Krisen-Verantwortlichen‘.
Und noch ein weiteres Phänomen ist zu beobachten. Beschränkte sich in der Vergangenheit der Einsatz der Medien im Krisenfall ausschließlich auf die Weitergabe krisenrelevanter Informationen, so bieten sich Facebook & Co. gerade aufgrund der Selbstbetroffenheit der Bürgerinnen und Bürger zu einem intensiven Austausch von Informationen und Meinungen an. Über die Krise wird nicht mehr nur informiert, sondern kommuniziert. Dies erschwert sicherlich nicht selten eine stringente und widerspruchsfreie Informationspolitik seitens der Stadt, da die Gefahr unabgestimmter und spontaner Meinungsäußerungen aus dem Rathaus heraus allgegenwärtig ist. Es schafft aber auch die Möglichkeit, erkennbar als Stadt in das Kommunikationsgeschehen direkt einzugreifen, um z.B. Fake-News zu korrigieren. Und auch das Fördern von grundsätzlich zu begrüßender Eigeninitiative, die über die Sozialen Medien zur Unterstützung bei der Bewältigung der Krise organisiert wird, kann über die ‚kommunizierenden Röhren‘ zwischen der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern deutlich effektiver organisiert werden.
Kommunikationsarbeit in der Krise ist somit eine ‚Just-in-Time-Produktion‘. Nicht am Ende eines langen Tages wird entschieden, was man wie und wann gegenüber der Bevölkerung ‚herausgibt‘. Nein, Silke Lenz, die Leiterin des städtischen Presse- und Kommunikationsamtes, und ihr Team ‚funken‘ permanent auf allen Kanälen und befriedigen damit das unersättliche Informationsbedürfnis der Presse und der Öffentlichkeit. Eine solche Form der Dauerkommunikation ist Schwerstarbeit, da über Tage und mittlerweile Wochen eine in sich schlüssige, interessante, informative, wahrheitsgetreue, natürlich auch selbstkritische, aber möglichst auch erfolgreiche ‚Story‘ fortgeschrieben werden muss. Und dabei soll noch das ‚Rudel‘ bestehend aus einem Oberbürgermeister, mehreren Beigeordneten und weiteren Playern der Krise in der jeweils eigenen Kommunikation diszipliniert werden. „Chapeau Frau Lenz, bisher ist Ihnen diese Kunst mit einer Kombination aus charmanter Strenge und freundlicher Beharrlichkeit gut gelungen“.
Die schiere Größe der gegenwärtigen Krise verlangt der stätischen Kommunikation mehr ab als die (kalte) Information und (professionelle) Kommunikation aus dem Rathaus. Die Bürgerinnen und Bürger, denen seit Wochen die freie Ausübung ihrer Grundrechte verboten ist, suchen die Nähe zu den Verantwortlichen des Krisenmanagements. Sie wollen sehen, ob ihre Stadt noch in guten Händen ist, sie wollen es nicht nur lesen und hören, sie wollen auch ein Gefühl für die Richtigkeit der sie begrenzenden und einschneidenden Entscheidungen gewinnen. Die eigentlich notwendige Begegnung ist aufgrund der Kontaktsperre, dem Gebot der ‚social distance‘, nicht möglich. Und trotzdem: YouTube-Videos auf dem Stadtportal, in denen Oberbürgermeister Kufen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung und aus den Konzerntöchtern sich direkt an die Bürgerinnen und Bürger wenden, die direkte Erreichbarkeit vieler Verantwortlichen der Stadt über E-Mail und SMS mit der Garantie einer zügigen und meistens auch persönlichen Antwort und die unzähligen Telefonate quer durch alle Stadtteile sollen die Krisenbewältigung personalisieren und damit leichter erfahrbar und bewertbarer machen.
Die FAZ titelt in ihrer Online-Ausgabe des gestrigen Tages: „Was will die Politik – Hoffnung oder nur Gehorsam?“. Für Essen ist die Antwort eindeutig: Hoffnung aus begründeter Überzeugung.
Christian Kromberg, Beigeordneter der Stadt Essen
