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In einem Land vor unserer Zeit - Deutschland und die Posse um die Digitalisierung

Gerade in Krisenzeiten fällt es schwer, sowohl eine Bestandsaufnahme über die eigenen Verfehlungen als auch die positiven Aspekte und Chancen für Deutschland und seine Bürger zu erkennen und herauszustellen. Doch eines wird aktuell ein weiteres Mal deutlich: Deutschland bekommt für seine Versäumnisse in der Digitalisierung und dessen Infrastruktur gnadenlos den Spiegel vorgehalten. Lag man gestern noch in der Hängematte und ruhte sich auf seiner exzellenten konjunkturellen Entwicklung aus, sieht man sich seit Ausbruch der Coronakrise mit für deutsche Verhältnisse schier wagemutigen Begrifflichkeiten wie Homeoffice, Homeschooling und virtuellen Meetings konfrontiert. In anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden oder Finnland längst ein festverankerter Bestandteil der Arbeitswelt, in Deutschland hingegen lange stiefmütterlich behandelt und durch bürokratische Gegebenheiten blockiert. Seit Beginn der Krise wohl am ärgsten von den neuen Begebenheiten betroffen, das Bildungs- und Schulwesen. Eine mangelhafte technische Ausstattung sowie das fehlende Know-how im Umgang dessen führen dazu, dass mancher Schüler in Deutschland momentan 2 Stunden in der Woche virtuellen Unterricht genießt, ein Armutszeugnis. Weiter bedeutet Digitalisierung im Jahre 2020 hierzulande wohl auch, dass von Seiten der Gesundheitsämter Daten zu Corona-Infektionen vielerorts noch per Fax an das Robert-Koch-Institut geschickt werden, wo diese anschließend händisch abgetippt werden müssen.


Bereits vor der Krise machte das digitale Wettbewerbsranking unter den Faktoren Wissen, Technologie und Vorbereitung auf die Zukunft aus dem Jahre 2019 deutlich: Deutschland ist im internationalen Vergleich lediglich Mittelmaß (Platz 17 von 63 Nationen)! Die Digitalisierungslücke steht damit geradezu im Widerspruch zu einer Nation, welche die größte europäische Volkswirtschaft stellt. Weiter machen die Zahlen elementar deutlich, dass zu wenig in digitale Geschäftsmodelle sowie Technologien investiert wurde.

Statistische Erhebungen ergeben, dass rund 86% der Deutschen ab 14 Jahren online sind, dass Wissen um digitale Technologien dabei jedoch äußerst begrenzt ist. Während „Fake-News“ oder „Cloud-Technologie“ gerade in Zeiten globaler Omnipräsenz von Social Media allseits bekannt ist, sind Begrifflichkeiten wie „Industrie 4.0, Big Data oder Internet of Things“ völliges Neuland bzw. den meisten Nutzern unbekannt. Die PwC-Studie „Digisation“ aus dem Jahre 2018 zur Mediennutzung der Deutschen unterstreicht deutlich, für Digital Devices und deren Potentiale besteht in Deutschland noch viel Luft nach oben. So erfährt lediglich die tägliche Nutzung von Smartphones, Tablets oder dem Computer hohe Ausprägung. Kategorien wie „Intelligentes Zuhause“ oder „Wearables“ zur Nutzung und Vereinfachung des täglichen Lebens, erwecken in der deutschen Bevölkerung scheinbar immer noch die Angst vor Kontrollverlust.


Zu guter Letzt bleibt festzustellen, eine barrierefreie Nutzung (zumindest größtenteils) digitaler Infrastruktur bleibt ein Privileg der „Städter“. Gerade im Homeoffice zeigt sich zum wiederholten Male, Menschen in ländlichen Wohngebieten haben durch einen mangelhaften technischen Status quo mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit und Erreichbarkeit zu kämpfen. Im Aufbau eines landesweiten 5G-Netzes, liegt Deutschland weit hinter anderen Ländern Europas zurück. Asien und Amerika scheinen hier fast Lichtjahre voraus zu sein. Letztlich darf und muss die Coronakrise als letzte Chance für Deutschland verstanden werden, die Bremsen und Hindernisse in der Digitalisierung deutlich und gezielt herauszustellen sowie mit sinnvollen Innovationen und vor allem Investitionen, eine digitale Transformationen herbeizuleiten. Hierbei steht die Nutzung von digitalen Potentialen zur Steigerung von Effizienz und Produktivität der Arbeitswelt als auch dem gesellschaftlichen Leben und Alltag auf der einen Seite, die politische Verpflichtung zur Vorgabe von Rahmenbedingungen zur größtmöglichen Transparenz und Sicherheit für die Bürger und Unternehmen auf der anderen. Vermutlich wird Deutschland so schnell nicht unter den Top 10 der digital wettbewerbsfähigen Ländern auftauchen, jedoch ist es gerade jetzt zwingend notwendig, digitale Potentiale nutzbar zu machen und bürokratische Hürden sinnvoll und besonnen aufzubrechen, um in einigen Jahren international nicht völlig abgehängt sein.


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